Berglauf WM Premana 30.7.

Andi berichtet:
So also lautet der Titel vom nächsten Kapitel der Saison 2017 von Andrea. Sie wollte sich für das für sie enttäuschende Abschneiden bei der EM in Kamnik rehabilitieren und hatte sich kurzfristig entschieden, auch die WM in Premana zu laufen. Großer Nachteil: Die WM wurde auf einer uphill-downhill-Strecke ausgetragen und das Bergabstück hatte es wirklich in sich: teilweise extrem steil, technisch schwierig, steinig, nicht ungefährlich. Bergablaufen zählt nicht zu Andreas Lieblingsdisziplinen, aber immerhin wurde sie auch schon einmal Europameisterin auf einem (allerdings von der Streckenführung viel harmloseren) Kurs in Gap (F).

Die 3 Wochen nach der EM in Kamnik nutzte sie, um auch das Bergablaufen einigermaßen zu trainieren und gegen Ende lief es schon ganz schön gut. Niemals könnte ich auch nur eine halbe Minute so schnell bergab rennen...

Unsere Anreise nach Premana am Donnerstag Vormittag starteten wir gleich mal mit einer Riesenpanne: Andrea, Gisi (die Physiotherapeutin des österr. Teams) und ich (also 3 erwachsene und griundsätzlivh einigermaßen intelligente Personen) saßen also 35 Minuten vor dem Abflug direkt vor dem richtigen check-in-Schalter des Fluges nach Mailand und warteten. Am Schalter tat sich nichts, keine einzige Person checkte ein und der Wartebereich war voll von ebenfalls wartenden Fluggästen. Auf der Anzeigetafel stand: „Mailand boarding“. Kein Aufruf, keine Bewegung am Schalter. 30 Minuten später bemerkte Gisi: „Pünktlich werden wir wohl nimmer abheben“, und wr stimmten ihr zu. 5 Minuten später sprang dir Anzeigetafel um auf: „Brüssel boarding“. Wir liefen zum Schalter, wo man uns mitteilte, dass der Flieger nach Mailand soeben gestartet sei. Unsere Frage, warum es keine Aufrufe gab, beantwortete man damit, dass Schwechat nun ein „silent airport“ sei. Tolle Sache, v.a., weil der Flug nach München in der Zeit ungefähr 5 Mal aufgerufen worden war...

Wie auch immer: Umbuchen, Warten und letztlich Ankunft in Mailand gut 4 Stunden später als geplant. Der Shuttledienst zum Quartier gestaltete sich zur Odyssee, statt der angekündigten 1-stündigen Fahrt waren wir im klapprigen Polizeibus der Veranstalter viereinhalb Stunden unterwegs, weil der Busfahrer keine Ahnung hatte, wo er die unterschiedlichen Teams hinbringen sollte und kreuz und quer durch die Gegend irrte. Unser (wirklich schönes) Quartier am wunderschönen Comer See erreichten wir ca um 18 Uhr. Sofort machten wir uns auf zur Streckenbesichtigung, was auch nicht so einfach war, lag doch unser Hotel ca. eineinviertel Stunden von der Strecke entfernt. Trotz aller Widrigkeiten schafften wir aber noch eine Besichtigung der Wettkampfrunde, die aus einem sehr steilen Bergaufstück von ca 3 km mit 430 Höhenmetern bestand, das auf einer Strecke von ca. 3,5 km wieder bergab gelaufen werden musste, teilweise mit extremen Passagen. Die Frauen mussten, so wie die Männer, 2 Runden laufen.

Am Wettkampftag das nächste organisatorische highlight: Der Bus, der uns vom Quartier zum Start bringen sollte, holte uns erst mit mehr als einer halben Stunde Verspätung ab, sodass Andrea (und einige andere Athletinnen) erst 45 Minuten vor dem Start in Premana ankamen. Dann hieß es noch 1 km mit Sack und Pack zu Fuß durch den Ort zum Startgelände marschieren, den Platz für die Kleiderablage finden, alles zurechtlegen, Aufwärmen, WC suchen, call-room finden - ein ordentlicher Stress, um alles rechtzeitig vor dem Start zu erledigen. 5 Minuten vor dem Start verabschiedete ich mich von Andrea und rannte vor, um ca. nach 1 km auf sie zu warten. Und da kam sie auch schon, und sie lag in Führung, knapp hinter ihr Maude Mathys, die Kenianerin Lucy Murigi Wambui und Sarah Tunstall. Das restliche Feld hatte schon ein wenig Rückstand. Ich begab mich etwas weiter nach oben zu einer engen Passage des ersten Bergabstücks. Und da flog als Führende an mir mit unglaublichem Tempo kamikazeartig Lucy Murigi Wambui vorbei! Obwohl Andrea nach dem ersten Bergaufstück einen Vorsprung von ca. 25 Sekunden hatte und Lucy sie erst nach 3 oder 4 Minuten eingeholt hatte, war sie nun schon 17 Sekunden vor Andrea und baute diesen Vorsprung bis zum Ende der ersten Runde am tiefsten Punkt auf ca. 45 Sekunden aus! Andrea war wirklich nicht langsam unterwegs bergab, wurde aber auch noch von der alles riskierenden Maude Mathys auf dem Bergabstück eingeholt. Diese hatte bergab etwa 30 Sekunden Rükstand aufgeholt. Gleichzeitig mit ihr ging Andrea auf das Bergaufstück der zweiten Runde. Nach kurzer Zeit konnte sie sich fast mühelos von der Schweizerin lösen und machte sich auf die Verfolgung der Kenianerin. Bis zum höchsten Punkt hatte Andrea ihren Rückstand auf ca. 15 Sekunden reduziert, wusste aber, das es nahezu unmöglich war, auf dem Bergabstück noch etwas gutzumachen. Als die beiden wieder bei mir vorbeikamen - ich stand diesmal ca. 1,8 km vor dem Ziel an einem der allersteilsten Bergabstücke - war die Kenianerin schon wieder 55 Sekunden vorne. Sie rannte schneller den Berg herunter als die meisten der Herren im Rennen danach!

Andrea ihrerseits hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen Riesenvorsprung von mehr als 1 Minute auf Sarah Tunstall und fast 3 Minuten auf Maude Mathys, die noch vor 3 Wochen Platz 2 und 1 bei der EM in Kamnik belegt hatten!

Im Ziel lag Andrea dann 1:18 min hinter Lucy Murigi Wambui, die Kenianerin hatte ihr 2 Mal jeweils mehr als 1 Minute nur auf dem 13-minütigen Bergabstück abgenommen! Aber auch bergauf hatte sich die Kenianerin in der letzten Zeit bemerkenswert gesteigert, lag sie doch in den bisherigen Rennen stets 2,5 bis 5 Minuten hinter Andrea.

Eineinhalb Minuten nach Andrea kam Sarah Tunstall ins Ziel und die Europameisterin Maude Mathys verlor als 4. auf Andrea diesmal schon 3:18 Minuten!

Obwohl es auch diesmal wieder nicht für den Sieg gereicht hatte, freuten wir uns über diesen 2. Platz sehr, denn Andrea durfte mit ihrer Leistung bergauf wieder total zufrieden sein, sie war mit Abstand die Schnellste und bergab war gegen die Siegerin kein Kraut gewachsen.

Wenn auch die Organisation logistisch ziemlich chaotisch war, so war die Stimmung an der Strecke unglaublich: Abertausende Zuschauer an der Strecke feuerten die Läufer enthusiastisch an, der ganze Ort Premana mit einen 2.200 Einwohnern (weltbekannt übrigens für seine Scheren- und Messerherstellung) war auf den Beinen und viele, viele Fans aus der näheren und weiteren Umgebung dazu. Die Siegerehrung war ein großes Fest und Andrea genoß ihren Erfolg.

Ganz ohne Verspätung und Pannen traten wir am nächsten Tag unsere Himreise an, Andrea mit ihrer hochverdienten Silbermedaille im Gepäck und einer wieder starken Berglaufform für die nächsten Rennen dieser Saison.
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